Stell dir vor, du stehst auf einem schmalen Pfad, du presst dich eng an den Felsen. Das Herz schlägt dir bis zum Hals. Denn der Weg vor dir ist kaum breit genug, als dass eine zweite Person an dir vorbeigehen könnten. Und das 100 Meter über dem Talboden einer Schlucht. Der Pfad ist nur dünn betoniert, stellenweise klaffen große Löcher im Boden. Ein falscher Tritt und du stürzt in den Abgrund …
So muss es sich bis vor wenigen Jahren angefühlt haben, als Wanderer und Kletterer den Caminito del Rey (spanisch „Königspfad“) als einst gefährlichsten Weg der Welt zum Fürchten lernten.
Er befindet sich in der Nähe der andalusischen Ortschaft Ardales, in den Bergen von Málaga in Südspanien. Ursprünglich wurde er als Transportpfad für die Arbeiten an einem Wasserkraftwerksprojekt errichtet. Seinen Namen erhielt der Caminito del Rey, weil 1921 zur Einweihung der spanische König Alfonso kam und über eine Brücke die Schlucht überquerte.

Vorfreude beim Zustieg zum Caminito del Rey.
Dass wir nun doch hier stehen und ehrfürchtig – über ein durchgehendes Geländer – in die Schlucht hinunterblicken können, hat natürlich einen Grund: Die Regierung erkannte das Potenzial als Anziehungspunkt für Wandertouristen und Aktivreisende und investierte mehrere Millionen Euro, um den Caminito del Rey zu sanieren. Im März 2015 wurde er wiedereröffnet. Genau genommen wurde der Caminito del Rey komplett neu errichtet und führt nun an vielen Stellen oberhalb des alten Weges durch die Schlucht. Und der Anblick ist wahrlich atemberaubend!
Du hast Lust bekommen und bist „mutig“ genug, den Caminito del Rey selbst entlang zu wandern? Dann lies hier weiter und du erhältst von uns nützliche Tipps für deine Reiseplanung zur Aktivreise nach Andalusien!
Reiseplanung Caminito del Rey
Auch wenn man es in Spanien nicht unbedingt erwarten würde, so ist die Wanderung des Caminito del Rey doch mit einigem organisatorischen und vor allem bürokratischen Aufwand verbunden. Das beginnt schon damit, dass eine eigene Genehmigung notwendig ist, die für einen bestimmten Tag und eine bestimmte Uhrzeit ausgestellt wird. Quasi wie eine Eintrittskarte, die du über die offizielle Webseite des Caminito del Rey (noch) kostenlos bekommst. Pro Tag gibt es derzeit 600 Plätze, allerdings sind diese meist auf Wochen im voraus ausgebucht. Wenn du also ein wenig Glück hast und für dein Wunschdatum einen Platz bekommst, musst du ein Online-Formular ausfüllen und dabei unbedingt deine Personalausweis- oder Reisepassnummer eintragen. Da dies vor Ort kontrolliert wird, musst du natürlich auch dein Ausweisdokument samt Ticket mitbringen.
Um den insgesamt 8 Kilometer langen Caminito del Rey zu wandern, solltest du in normaler körperlicher Verfassung und trittsicher sein. Schwindelfreiheit schadet mitunter auch nicht (Stichwort Hängebrücke), allerdings ist der neue Caminito wohl einer der am besten gesicherten, ehemals gefährlichsten Wanderwege der Welt
Fazit & Tipps:
- Rechtzeitig buchen und genügend Zeit für die Anreise (siehe unten) einplanen.
- Wetterbericht und Webseite checken: Bei starkem Wind und Regen wird der Caminito gesperrt! (Steinschlaggefahr)
- Pass, Ticket, sowie Trinkflasche nicht vergessen!
- Regenschirme und Wanderstöcke kannst du allerdings zu Hause lassen bzw. sind sie am Caminito sogar verboten.
- Plane in Summe ca. 3 Stunden für die gesamte Wanderung inkl. Busfahrt zurück zum Parkplatz beim Nordeingang ein.
Achtung: Der Caminito del Rey ist kein Rundwanderweg! Vom „Ausgang“ im Süden bei El Chorro fährt dich jedoch ein Bus alle halben Stunden zurück zum Parkplatz. Die Busfahrt kostet 1,55 Euro pro Person.
Hinkommen
Die bequemste Art um zum Caminito del Rey zu gelangen, ist sicherlich mit dem Auto. Unser Mietwagen von Caramba Car* wurde uns direkt vor dem Ankunftsterminal am Flughafen Málaga übergeben und dort auch wieder zurückgenommen. Das spart in der Regel auch einiges an Zeit, im Vergleich zu den großen Mietwagenfirmen, die ihre riesigen Parkplätze meist in einiger Entfernung vom Terminal haben. Ohne Pendelbus und Schlange stehen kann es also direkt losgehen. Tipp: Navi im voraus dazubuchen (6 Euro/Tag) – dann muss es dir der Mitarbeiter nicht extra aus der Garage holen fahren


Von Málaga aus dauert die Anreise zum Caminito del Rey gut eine Stunde. Plane die Abfahrt aber trotzdem besser zwei Stunden vor deiner am Ticket angegebenen Eintrittszeit ein, da der Zustieg vom Parkplatz zum eigentlichen Eingang (und Kontrollpunkt) bis zu drei Kilometer ausmacht. Bei Ardales biegst du mit dem Auto von der A-357 rechts ab und folgst dann den Schildern Richtung Caminito del Rey.

Conde de Guadalhorce bei Ardales, kurz vor dem Ziel
Unterkommen
Andalusien ist voll von bildhübschen kleinen Ortschaften mit weißen Häuschen, die meist sehr gut ans Straßennetz angeschlossen sind. Ideal wenn du dich als Aktiv-Reisender ohnehin mehr in der Natur aufhalten möchtest ist also eine eigene Finca am Land. Speziell wenn du mit deiner Familie, deiner Partnerin oder mehreren Freunden zum Caminito del Rey reist. Von Ruralidays*, einer Online-Buchungsplattform, die sich auf Ferienhäuser in Andalusien spezialisiert hat, wurde uns eine Finca in der Nähe von Monda vermittelt. Die Besitzer, Paquí und Pepe, treffen wir auf dem örtlichen Parkplatz in Monda. Von hier zeigen sie uns den zugegeben etwas holprigen Weg, der zum Teil mitten durch eine Obstplantage voll mit Orangenbäumen führt, hinauf zu ihrer Finca „Casa Guajar“* mit herrlichem Blick auf Monda und den umliegenden Sierra de las Nieves Naturpark.

Unsere Finca „Casa Guajar“ mit Monda im Hintergrund





Zustieg zum Caminito del Rey
Die Anreise von Monda dauert ebenfalls ca. eine Stunde. Unser Auto parken wir beim Restaurant El Kiosko (Tipp!) neben dem Stausee Conde de Guadalhorce. Hier kannst du auch noch Snacks für eine kleine Wegzehrung einkaufen. Erste Schilder weisen hier bereits den Weg zum Zustieg: Entweder über die Straße, über den wir gekommen sind, oder durch einen Tunnel gleich neben dem Restaurant, der zu einem Fluss führt und die längere Variante darstellt.
Wenn du noch mindestens 45 Minuten Zeit hast, um bis zum Kontrollpunkt zu gelangen, empfehle ich dir, den Weg entlang des Flusses zu nehmen. Nur wenn du schon etwas knapper dran bist, nimmst du klarerweise besser den kürzeren Weg.
Safety First: Der gar nicht mehr so gefährliche Caminito del Rey
Am Kontrollpunkt beim Nordeingang heißt es erst mal Schlange stehen zur Pass- und Ticketkontrolle. Danach erhältst du einen Schutzhelm samt Haarnetz. Der Helm soll vor Steinschlag schützen, wirklich geklettert, wie auf vielen anderen Klettersteigen, wird hier allerdings nicht.



Wenn alle anderen Mitwanderer eingetroffen sind, geht es auch halbwegs pünktlich los. Es macht jedoch keinen Sinn, dich möglichst weit vorne bei der Absperrung anzustellen, da die Gruppe schon nach ein paar Metern bei der Staumauer erneut angehalten wird und eine Sicherheitsanweisung auf Spanisch bekommt. Wer das versteht ist klar im Vorteil und kann schon los, während die anderen Touristen noch auf die englische Version warten müssen.
Der Weg startet zunächst durch die schmale Schlucht über dem Guadalhorce, einem der wichtigsten Flüsse in Südspanien. Wir befinden uns knapp 100 Meter über dem Fluss und halten Ausschau nach dem „alten“ Caminito del Rey, der hier noch deutlich tiefer liegt, erkennbar an den ebenfalls schon recht verfallenen Stufen.
Auffällig sind die vielen Kameras, die den Caminito überwachen sollen. Auch kommen uns immer wieder patroullierende Mitarbeiter entgegen, die darauf achten, dass sich niemand zu weit über eine Absperrung lehnt oder auf Felsen klettert, auf die er nicht hinauf soll. Das alles soll wohl zur maximalen Sicherheit der Besucher beitragen und ich bezweilfe nicht, dass innerhalb von 5 Minuten ein Helfer zur Stelle wäre, sollte sich hier jemand den Knöchel verstauchen.
Am Eingang zum Valle de Hoyo, ca. bei der Hälfte der Strecke, wird der Caminito del Rey wieder breiter und wir haben wieder festen Boden unter den Füßen. Von hier bietet sich ein fantastischer Fernblick und wir erahnen den weiteren Verlauf des Caminito, hinein in die Gaitanes Schlucht.
Plötzlich hören wir ein lautes Tuten, das selbst das monotone Rauschen des Flusses übertönt: Ein Zug fährt auf der gegenüberliegenden Seite des Tales vorbei, verschwindet für eine Sekunde in einem kurzen Tunnel und durchfährt die Schlucht dann über ein beeindruckend hohe, akquäduktartige Brücke.


Hier schlängelt sich der Caminito del Rey bereits wieder eng am Felsen entlang, nur knapp darunter die Überreste des alten Weges, wo immer wieder Teile fehlen und mannbreite Löcher den betonierten Boden aufreißen. Hier vom gesicherten Weg abzusteigen wäre schlicht lebensgefährlich, was wohl auch die erhöhte Anzahl an Kameras an dieser Stelle erklärt.
Finale an der Hängebrücke
Das „grande Finale“ wartet dann an einer Hängebrücke auf uns, über die wir die Gaitanes Schlucht überqueren. Vor uns steht eine ältere Dame mit verzweifeltem Blick. Sie traut sich nicht über die Brücke. Sofort eilt ein Helfer heran, nimmt die Frau an beiden Händen und beginnt rückwärts über die Brücke zu laufen und sie in Smalltalk zu verwickeln. Sie solle seinen Augenkontakt halten und nach ein paar Augenblicken hat sie es auch geschafft.
Als wir nach ihr über die Brücke gehen und dabei einen Blick nach unten riskieren, wird mir auch leicht mulmig zumute. Viel Zeit darüber nachzudenken habe ich aber nicht, da der selbe Helfe schon wieder an uns vorbei geeilt ist und nun hinter uns schon andere Besucher auffordert, schneller weiterzugehen. Unbekümmert machen die in aller Ruhe ihre Selfies
Tipp: Weiterreise nach Ronda
Nach der Rückfahrt mit dem Shuttle-Bus zum Parkplatz beschließen wir, nach Ronda weiterzureisen. Ronda liegt am anderen Ende der Sierra de las Nieves und gilt als größtes der „weißen Dörfer“ Andalusiens.
Die Altstadt von Ronda ist vor allem aufgrund ihrer Lage auf einem nach alle Seiten hin steil abfallenden Felsplateau bekannt, die wir über die pittoreske Puente Nuevo, die „neue Brücke“, erreichen. Leider schieben sich bei unserer Ankunft erneut dichte Wolken über dem Himmel zusammen und es beginnt zu regnen. Somit wird es leider nichts mit einem der angeblich so spektakulären Sonnenuntergänge vom Balcón de Coño.

Balcón de Coño: Ort für spektakuläre Sonnenuntergänge.
Wenn du jedoch keine Lust oder Energie mehr hast, dort hinab zu wandern, dann bietet Ronda mit seiner Stierkampfarena, den maurischen Bauten wie den Baños Arabes („Arabische Bäder“), der Puente Viejo („Alte Brücke“) und den zwei Palästen, der Casa del Gigante und dem Palacio de Mondragón, zahlreiche Sehenswürdigkeiten.
Warst du ebenfalls schon in Andalusien und hast neben dem Caminito del Rey noch weitere Wander- und Ausflugstipps für uns? Dann verrate sie uns gerne in den Kommentaren!
* Diese Reise wurde von Ruralidays, Casa Guajar und Caramba Car unterstützt. Vielen Dank! Meine Meinung bleibt jedoch wie immer meine eigene.